Mittwoch, 22. September 2010

Kolumbianische (Un)Puenktlichkeit

Zuerst möchte ich mit dem gängigsten aller Vorurteile aufräumen. In Deutschland haben mir alle gesagt, dass ich keinen Spaß in Kolumbien haben werde mit meiner Überpünktlichkeit und meiner geringen Toleranz mit allen Menschen, die zu spät kommen. Alle haben mir geraten, mich darauf einzustellen, dass hier in Kolumbien alle unpünktlich sind und zwar nicht nur 10 Minuten sondern mindestens eine halbe Stunde. Nun, ich kann Euch nur sagen, dass dem meistens nicht so ist. Bisher waren Stella und Oscar immer pünktlich, wenn wir abgemacht haben, um 8 zu frühstücken, dann gab es um 8 Uhr Frühstück. Natürlich ist hier manches spontaner als in Deutschland, so habe ich bis jetzt meine Ferienwoche nicht komplett durchgeplant, wie ich es sonst machen würde, sondern schaue jeden Tag, auf was ich so Lust habe. Auch meine Freunde sind superpünktlich, wenn wir uns uns um 20 Uhr am Kino oder im Einkaufszentrum oder der Partyzone verabredet haben, dann sind sie meistens schon vor mir da.
Das Einzige, was mich bisher an kolumbianischer Unpünktlichkeit voll erwischt hat, war beim Abschlussfest des Anwaltskongresses am Meer und bei meiner Rückkehr nach Bogotá. Das Abschlussfest sollte um 19 Uhr beginnen. Ich hatte mich vorher etwas hingelegt und bin um viertel vor sieben aufgewacht. Nachdem ich mich dann in aller Eile fertiggemacht hatte und um viertel vor acht im Saal ankam, war ich mit die Erste, wobei ich natürlich davon ausgegangen bin, die Letzte zu sein.
Bei meiner Rückkehr nach Bogotá musste ich mehr als eine Stunde auf meinen Taxifahrer warten, dem ich zuvor genau gesagt hatte, wann ich ankommen würde und sogar mein Flugticket gezeigt hatte, um sicherzugehen, dass er mich auch verstanden hatte. Als ich ihn anrief, meinte er, er sei in einem "ratiko" (Verniedlichung des Wortes rato = Moment) da. Aus diesem Momentchen wurde mehr als eine Stunde. Ein weiteres Wort, an dessen Bedeutung ich mich erst gewöhnen musste, ist "ahorita" (ahora heißt jetzt, wieder eine Verniedlichung). Wir sehen uns "ahorita" kann alles bedeuten, von 5 Minuten bis 1 Stunde, vielleicht auch erst heute abend oder morgen oder in 2 Wochen. Als ich dieses Wort zum ersten Mal gehört habe, bin ich davon ausgegangen, dass eine Verniedlichung von jetzt kürzer sein müsste als jetzt. Dem ist hier nicht so. Die Bedeutung von ahorita ist sehr dehnbar, wie ich mittlerweile gelernt habe.
Mittlerweile benutze ich diese Wort schon selbst, wenn ich eine unbestimmte Zeitspanne ausdrücken möchte, ich bin also schon etwas kolumbianisiert, wie meine Freunde es stets auszudrücken pflegen.

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